Konzerte, Lesungen, Events
Dienstag, 5. April im Palace
Huser, Isabella: Zigeuner
Bilger Verlag 2021, Fr. 32.00
ISBN 978-3-03762-093-9
Sie sind Einheimische, im Übrigen hellhäutig und blauäugig. Eine Schweizer Musikantenfamilie, Jenische. Wo auch immer sie auftreten, sind der 13-Jährige an der Klarinette und die Mutter am Kontrabass die Stars des Abends. Sie spielen Volksmusik, leben im Häuschen am Ort über dem Zürichsee, wo die Kinder zur Schule gehen. Bis sie fliehen müssen: Die Mutter kommt angerannt mit fliegendem Haar, schickt ihre Kinder auf die Flucht, allein. Sie und der Vater werden die Beamten aufhalten an diesem Frühlingsabend 1929. Die Kinder flohen allein in die Nacht. Sie retteten sich vor dem Zugriff der Verfolger, die Hunderte jenischer Kinder aus ihren Familien rissen. So geschehen in der Schweiz, wo die Kindswegnahmen bis im Frühling 1972 andauerten – bis die Tochter eines der fliehenden Kinder von 1929, mittlerweile selbst 13 Jahre alt, aus der Zeitung erfuhr, dass die
Erzählung ihres Vaters von der Flucht der Kinder keine Räubergeschichte war.
Isabella Huser, in die Schweiz der 1960er-Jahre hineingeboren, studiert Übersetzung an der Dolmetscherschule Zürich, lebt als Übersetzerin in Mailand, ist in Locarno und Vevey in verschiedenen Funktionen im Filmbereich tätig. Sie ist Produzentin international beachteter Dokumentarfilme wie »Epoca – The Making of History«, den sie gemeinsam mit ihrem Mann Andreas Hoessli realisierte. 2008 erscheint im Bilgerverlag ihr Roman »Das Benefizium des Ettore Camelli«.
Isabella Huser liest am Dienstag, 5. April um 20:15 im Palace aus „Zigeuner“ . Wir sind mit einem Büchertisch vor Ort.
Dienstag, 19. April im Palace
Wottreng, Willi: Jenische Reise
Bilger Verlag 2020, Fr. 30.00
ISBN 978-3-03762-087-8
Willi Wottreng malt in prachtvollen Episoden die Reise der bald tausendjährigen Anna von Lothringen nach Ungarn, über Antwerpen bis nach Thessaloniki und tief in die Schweizer Alpentäler hinein. Eine Reise durch die Jahrhunderte. Anna ist eine Jenische. Im Volksmund und bei den Sesshaften despektierlich »Fahrende«, »Zigeuner« oder gar »Vaganten« geheissen. Jenische Reise oszilliert im Zwielicht zwischen Fantasie und Wirklichkeit, ist ein flirrender, aus tausend Fäden gewobener Bildteppich zur legendenreichen Kultur jener Menschen, die heute in Europa eine grenzüberschreitendeVolksgruppe bilden: die Jenischen. Willi Wottreng erzählt die jahrhundertealte Geschichte dieser wenig bekannten Minderheit, wie sie so noch nie erzählt wurde. Eine Hommage an die Menschen der
Strasse, die nie Eigentum hatten, in Armut lebten. Armut ist der Boden, auf dem Europa sich herausbildete. So leistet Wottreng noch viel mehr. Jenische Reise ist eine europäische Geschichte: Europas Geschichte von unten.
Nach einem Studium in Geschichte und einer bewegten Zeit als 68er-Aktivist begann Willi Wottreng eine Karriere als Journalist. Er arbeitete jahrelang als Redaktor, zunächst bei der Weltwoche und später bei der NZZ am Sonntag. Als Autor von Sachbüchern, in denen er sich mit Menschen an den Rändern der Gesellschaft beschäftigte, schrieb er bleibende Hommagen: dem Rockerboss Tino, der Prostituierten Lady Shiva, dem Gangsterduo Deubelbeiss & Schürmann, dem Geldfälscher Farinet, der Zürcher Millionärin Lydia Welti-Escher, dem jenischen Politiker Robert Huber.Seit 2014 ist Wottreng Geschäftsführer der
Radgenossenschaft der Landstrasse, der 1975 gegründeten und heute ältesten jenischen Organisation in Europa. Als solcher war er 2015 Mit-Initiant der Petition für die »Anerkennung der Jenischen und Sinti als nationale Minderheiten«, die 2016 zur verlangten Anerkennung durch den Bundesrat führte. Die Radgenossenschaft ist heute eine tonangebende Stimme für Jenische in ganz Europa.
Willi Wottreng liest am Dienstag, 19. April um 20:15 Uhr aus „Jenische Reise“, moderiert wird die Veranstaltung von Pius Frey. Wir sind mit einem Büchtisch vor Ort.
Freitag, 13. Mai in der Grabenhalle
Voodoo, guitar guns & carribean fever – präsentiert von BRUCHTEIL und AFRIKARIBIK – Die karibische Patti Smith oder die Priesterin des Voodoo Rock betitelt die Presse die haitianische Sängerin Moonlight Benjamin.
Hier kommt zusammen, was zusammen gehört… oder zumindest perfekt zusammenpasst. Moonlight Benjamin fusioniert die Voodoo Rhythmen und Melodien ihrer Heimat Haiti mit ins Hier und Jetzt gebeamtem 70er Blues Rock. Die Spannung, die dabei zwischen den archaischen Melodien in Moonlights tief berührender, kraftvollen rauen Stimme und den fetten Gitarrenriffs entsteht, schafft eine ganz neue, explosive Form von Voodoo Trance. Moonlights Musik ist ebenso ambivalent und berauschend wie faszinierend.
2018 veröffentlichte sie ihr drittes Album “Siltane”, welches in der Zusammenarbeit mit dem Jazz-Rock-Gitarristen Matthis Pascaud entstand. Darauf präsentieren sie eine zeitgenössische Blues-Rock Variante der Creole Kultur aus Moonlight Benjamins Heimat, die „das Feuer und die Seele des Haitianischen Volkes“ tief in sich trägt. Und diese Kultur ist geprägt vom ständigen Kampf um Anerkennung, obwohl Haiti die erste offiziell anerkannte „Black Republic“ der Welt war. Das nachfolgende Album “Simido” erschien 2020.
Besetzung:
Moonlight Benjamin – Vocal
Matthis Pascaud – Guitar
Matthieu Vial-Collet – Guitar
Bertrand Noël – Drums
Quentin Rochas – Bass
Das Konzert findet am Freitag, 13. Mai 21:00 Uhr in der Grabenhalle statt. Die Musik findet Ihr schon jetzt in der Comedia.
https://www.grabenhalle.ch/moonlight-benjamin-haiti/
Samstag, 14. Mai in der Comedia
Endlich ist es wieder so weit! Nachdem er zwei Jahre lang corona-bedingt nicht im gewohnten Rahmen stattfinden konnte, wird er endlich wieder durchgeführt: Der beliebte Gratis Comic Tag.
Und natürlich sind wir, wie in jedem Jahr, wieder mit dabei. Welche Gratis-Comic-Hefte es dieses Jahr geben wird, seht Ihr hier:
https://www.gratiscomictag.de/
Ausserdem gibt es an dem Tag 10% Rabatt auf alle Comics in der Comedia.
Also: Nicht verpassen! Wir sehen uns am 14. Mai in der Comedia zum Gratis Comic Tag!
Mittwoch, 18. Mai in der Grabenhalle
Boos, Susan: Auge um Auge. Die Grenzen des präventativen Strafens.
Rotpunkt Verlag 2022, Fr. 28.00
ISBN 978-3-85869-944-2
E-Book 978-3-85869-952-7, Fr. 23.00
Was tun mit gefährlichen Menschen? Mit Männern, die gemordet oder Kinder missbraucht haben? Und die eventuell wieder rückfällig werden? Sie lassen sich vielleicht resozialisieren, aber eben nur vielleicht. Deshalb wurde die Verwahrung eingeführt, die unbefristete Haft – um die Gesellschaft vor denen zu schützen, die es wieder tun könnten.Susan Boos spricht mit Fachleuten, mit Verwahrten und mit deren Angehörigen. Der berühmte Gutachter Frank Urbaniok erzählt, wie er sein Diagnosemodell Fotres entwickelt hat, mit dem festgestellt werden soll, wer wirklich gefährlich ist und drinnen bleiben muss. Herr Vogt berichtet, warum er es nicht aushält, länger verwahrt zu sein und sich gerne mit Exit das Leben nähme. Frau
Scherer macht sich Vorwürfe, weil sie glaubt, sie sei mitschuldig, dass ihr Sohn als Pädophiler verwahrt worden ist.Susan Boos reist durch die Archipele der Verwahrung – vom Schweizer System, in dem Verwahrte gewöhnliche Gefangene sind, über Deutschland, wo sie in besonderen Gefängnissen leben, bis in die Niederlande, wo man ihnen hinter Zäunen ein möglichst normales Leben bieten möchte. Zurück in der Schweiz, erfährt sie von Rechtsprofessor Martino Mona, warum es im Rechtsstaat keine Verwahrung geben sollte und was er mit gefährlichen Menschen täte.
Susan Boos, 1963 geboren, in St. Gallen aufgewachsen, fing 1984 an als Journalistin zu arbeiten, studierte daneben Jura, Ethnologie und Politologie. 1991 wurde sie Redakteurin der „WOZ Die Wochenzeitung“ in Zürich. 2005 übernahm sie die
Redaktionsleitung, die sie dreizehn Jahre lang innehatte. Seither schreibt sie weiter für die Zeitung, widmet sich aber auch größeren Recherchen. Seit Anfang 2021 ist sie Präsidentin des Schweizer Presserates. Ihre bisherigen Bücher über Tschernobyl, Fukushima und die Atomwirtschaft der Schweiz sind im Rotpunktverlag erschienen.Mit Verwahrten kam sie in ihrer Rolle als Redaktionsleiterin in Kontakt. Viele Verwahrte schreiben regelmäßig an Redaktionen, bekommen aber selten eine Antwort. Boos begann sich dafür zu interessieren, wie das Schweizer Verwahrungssystem funktioniert, schrieb Verwahrten zurück, nahm an Prozessen teil und besuchte sie in den Gefängnissen. Sie erweiterte ihre Recherche auf andere europäische Länder wie Deutschland, Österreich und die Niederlande.
Susan Boos liest am Mittwoch, 18. Mai um 20:00 Uhr in der Grabenhalle, moderiert wird die Veranstaltung von Ralph Hug. Die Comedia ist mit einem Büchertisch vor Ort.